Für viele Experten gilt Retail as a Service als die Lösung für die Sichtbarkeit von D2C-Brands und gleichzeitig die Rettung des Einzelhandels. Doch worauf basiert das Konzept und warum sind Erlebnisse die neue Währung für Marken und Unternehmen?
In vielen Kategorien hat sich das Kaufverhalten aufgrund der Corona-Krise zunehmend in Richtung Online-Shopping verlagert. Dieser fortlaufende Prozess erfordert von den stationären Händlern neue Innovationen und eine Erweiterung ihres bisherigen Geschäftskonzepts. Ein mögliches zukunftssicheres Modell ist Retail-as-a-Service. Bei diesem Konzept wandelt sich die Funktion der Läden vom Verkaufsinstrument hin zum Anbieter von Dienstleistungen. Nicht nur für die Kundschaft im Geschäft, sondern als Dienstleister für Marken und Unternehmen, denen der Ladenbesitzer sein Know-how und einen Teil seiner Ladenfläche für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellt, um deren Produkte am POS (Point of Sale) den Kunden vorzustellen.
Wie dieses Konzept genau aussieht und warum es sowohl für Online-Anbieter als auch den stationären Händlern neue Möglichkeiten bietet, das erfahrt ihr hier:
Das Konzept basiert auf der Idee, dass stationäre Händler einen Teil ihrer Verkaufsfläche und ihrer Expertise im stationären Handel als Dienstleister anderen Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum anbieten. Dabei liegt der Fokus nicht auf den Verkauf der Produkte, sondern darin mit den Kunden zu interagieren, Informationen zu vermitteln, ihr Interesse an dem Produkt zu steigern und diese für die Kundschaft “greifbarer” zu machen.
Die Unternehmen nutzen die bereitgestellte Präsentationsfläche zum Bespielen ihrer Marke und der Produktdarstellung. Ziel ist es, die Markenidentität zu stärken, Kontakt zu neuen Zielgruppen zu gewinnen und mit dem Alleinstellungsmerkmal im Service, von anderen Online-Wettbewerbern abzugrenzen.
Den Kunden ermöglicht es, die Produkte ansehen, anfassen und ausprobieren zu können und dabei wichtige Erfahrungen, Emotionen und Verbundenheit mit dem Produkt aufzubauen.
Das unmittelbar mit der Marke oder dem Produkt verbundene positive Erlebnis und das entwickelte Gefühl, dieses Produkt zu benötigen, soll die Kunden zu einem unmittelbaren oder zukünftigen Kauf über einen ihrer Kanäle animieren. Dabei ist nicht von Relevanz, ob der Kauf sofort erfolgt, der Kunde das Produkt zu sich nach Hause versenden lässt oder der Kaufvertrag anschließend Online abgeschlossen wird.
Retail-as-a-Service bietet sowohl Start-ups, als auch bereits gestandenen Unternehmen neue Möglichkeiten zur Interaktion mit ihren Endkunden. Unternehmen aus den Bereichen FMCG (Fast Moving Consumer Goods) und Tech&Wearables-Unternehmen nutzen Shop-in-Shop oder auch Pop-up Stores um ihre Produkte von Kunden testen zu lassen und nicht nur wichtige Informationen, sondern auch mögliche Neukunden zu gewinnen.
Start-ups möchten einen größer werdenden Kundenstamm aufbauen und ihr innovatives Produkt den Menschen vorstellen, erste Erfahrungen und Erkenntnisse im Retail gewinnen und schlussendlich ihre Markenbekanntheit steigern. Retail-as-a-Service bietet eine Möglichkeit für junge Unternehmer ohne großes finanzielles Risiko und mit einem klaren Fokus auf ROAS (Return on Advertising Spend) genau diese ersten Erfahrungen machen zu können. Die vier wichtigsten Vorteile von Retail-as-a-Service für Start-ups sind:
1. Geringes finanzielles Risiko
Für Unternehmen, die über wenig Kapital verfügen, bietet Retail as a Service die Chance einen direkten Kontakt zum Endkunden zu gewinnen, ohne dass hohe Aufwände für langfristige Mietverträge und Investitionen in die Betriebs- und Geschäftsausstattung anfallen. Die Ausstellungsfläche kann bei den meisten Anbietern von RaaS für drei- bis sechs Monate oder auch für einen flexiblen Zeitraum gebucht und schnell umgesetzt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei einigen RaaS-Anbietern keine zusätzlichen Vertriebs- und Personalkosten auf Seiten des Herstellers entstehen.
2. Erhöhte Sichtbarkeit
Produktneuheiten ermöglicht das Konzept eine höhere Sichtbarkeit, da diese nicht wie im Einzelhandel üblich neben Konkurrenzprodukten von anderen bekannten Unternehmen liegen, sondern erhalten einen expliziten Platz und die volle Aufmerksamkeit der Kunden. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Appinio besagt, dass knapp 70% der Deutschen dazu neigen, immer oder häufig die gleichen Produkte im Bereich FMCG zu wählen. Einkaufsroutinen wie diese, können neuen Marken den Einstieg und das Unternehmenswachstum erschweren.
3. Geschultes Personal
Ein gut geschultes Personal ist für den Erfolg von Produkteinführungen und erklärungsbedürftigen Produkten von hoher Bedeutung. Das Personal erläutert die Vorteile, die das Produkt bietet und dient als Ansprechpartner bei möglichen Fragen. Ein weiterer Mehrwert des direkten Kundenkontakts ist die Dokumentation des Kundenfeedbacks für Produktoptimierungen und um eine Kundenbeziehung aufzubauen.
4. Klar definierte Marketingleistung
Es müssen im Einzelhandel für die Listung hohe Werbekostenzuschläge von den Herstellern entrichtet werden, ohne dass das Produkt aufgrund vieler Konkurrenzprodukte anderer Hersteller vom Kunden wahrgenommen wird. Bei Retail-as-a-Service ist im Gegensatz zur Listung klar definiert welche Marketingleistung die Start-ups für ihr Budget bekommen und ermöglicht eine schnelle Umsetzung mit hoher Nachvollziehbarkeit des ROAS. Viele junge Brands verfügen noch nicht über Werbe-Erfahrung am Point of Sale und können von den Erfahrungen des stationären Handels profitieren.
Auch für erfahrene Unternehmen bietet Retail-as-a-Service eine gute Möglichkeit die Markenidentität auszubauen, prägende Markenerlebnisse zu schaffen und die Produkte den Kunden in der Praxis erleben zu lassen.
1. Erreichen der eigenen Zielgruppe
Es gilt die Zielgruppe zum geeigneten Zeitpunkt am richtigen Ort anzusprechen, um Streuverluste der Werbemaßnahmen zu minimieren. Die kurzen Zeiträume ermöglichen es Unternehmen, ihre saisonalen Produkte speziell für diesen Abschnitt zu bewerben und zu präsentieren.
2. Erhalt wichtiger Daten und Kennzahlen
Hersteller nutzen das RaaS-Konzept um Prototypen von Verbrauchern testen zu lassen und das Feedback der Kunden bei der weiteren Produktentwicklung mit einfließen zu lassen. Viele RaaS-Anbieter nutzen hochauflösende Kameras oder werten die beiliegenden Tablets aus, um daraus hilfreiche Kenntnisse zu Fragen wie bspw.: „Wie viel Aufmerksamkeit bekommt welches Produkt und weshalb? Wie interagieren die Menschen mit der Ware?” zu bekommen. All das sind wichtige Erkenntnisse, die Online-Marken mit dem Konzept Retail-as-a-Service im stationären Handel sammeln können und die Wirksamkeit der Marketingkampagne messen lässt.
3. Abseits der Konkurrenz als Alleinstellungsmerkmal
Retail as a Service ist die Gelegenheit ihren Artikel abseits der Konkurrenzprodukte anzubieten. Kopfhörer, die beispielsweise besonders gut für den Sport geeignet sind, können im Sportfachgeschäft zielgerichtet Sportler angeboten werden und müssen nicht im Elektronikfachhandel mit unzähligen Kopfhörern konkurrieren. Für Marken, die aktuell ausschließlich im Internet ihre Produkte anbieten, stellt dieses Konzept eine Gelegenheit dar, sich von der Konkurrenz im Internet abzusetzen und in physischer Form in Erscheinung zu treten.
4. Einkaufserlebnisse schaffen Markenbindung
Das Verlangen nach Einkaufserlebnissen hat in den Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die “Customer Experience” umfasst eine gute persönliche Beratung, das Ausprobieren von Produkten, ein exklusives Sortiment oder auch besondere Rabattaktionen. Retail-as-a-Service bietet Unternehmen die Möglichkeit auf einer kleinen Fläche besondere und passgenaue Kampagnen zu erstellen, die eine emotionale Bindung und Identifikation mit der Marke oder dem Produkt entstehen lässt.
Für Online-Unternehmen kann die physische Präsenz zu einer erhöhten Sichtbarkeit der Marke oder des Produktes führen. Das Kennenlernen und Ausprobieren belegt den Mehrwert des Produktes und kann als positives Erlebnis in Erinnerung bleiben und zum Kauf anregen.
Aktuell verzeichnen die Einzelhändler geringe Zuwächse bei den Umsätzen, doch das enorme Online-Angebot lässt den Preisdruck auf die Einzelhändler steigen und die Gewinnmarge zwischen Einkauf und Verkauf immer geringer werden.
Die allgemeine Variabilität der Einkaufspräferenzen steigt. Nicht nur bei der jungen Generation, bei der „Showrooming“ sehr beliebt ist, sondern seit einigen Jahren nimmt auch die zunehmende Vertrautheit der älteren Kundschaft mit den E-Commerce-Optionen zu. “Showrooming” ist ein Trend, der das Testen und Vergleichen von Produkten im Geschäft und einen anschließenden Kauf bei einem günstigeren Online-Händler beschreibt.
Es gilt neue und zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu nutzen und Umsätze aus den Vorteilen des stationären Handels wie dem direkten Kundenkontakt und des praktischen Wissens, um Handelsprozesse zu erzielen. Retail-as-a-Service bietet den stationären Händlern genau diese Chance. Für die Bereitstellung der Ladenfläche generieren die Stores eine monatliche oder erfolgsabhängige Gebühr von den Marken und Herstellern und können damit ihre Abhängigkeit von den reinen Produktverkäufe reduzieren.
Zusätzlich sorgt ein regelmäßiger Wechsel des Sortiments für Abwechslung. Dieser kann sich positiv auf die Besucherzahlen des Ladens auswirken, da spannende und interessant dargestellte Produkte das Interesse der Kundschaft wecken und einen Besuch zu einem Erlebnis werden lässt.
Klassische Retailer müssen ihren starren Fokus auf den Verkauf von Produkten überdenken und offen für neue Geschäftskonzepte sein. Der Preisdruck dürfte auch zukünftig nicht geringer werden und erfordert von den stationären Händlern das Besinnen auf ihr Alleinstellungsmerkmal. Dieses ist der Service und die Möglichkeit, die Ware dem Kunden greifbar zu machen. Der unmittelbare Kundenkontakt ist für Unternehmen eine wertvolle Chance, für die sie bereit sind Mieten oder Umsatzbeteiligungen an die stationären Händler zu zahlen.
Retail-as-a-Service ist ein Konzept, das in den Startlöchern und aufgrund seines enormen Potenzials in Zukunft eine weiter wachsende Rolle spielen wird. Für den Retail als auch den Markeninhaber bietet das Konzept mit einer ganz neuen Art zu denken eine tolle Chance auf das geänderte Kaufverhalten zu reagieren.
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